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Neujustierung des Strommarktdesigns ist zentrale Herausforderung der Energiebranche
Stromerzeugung , Flexibilitätsmanagement , Umwelt- und Klimaschutz 20.04.2023

Neujustierung des Strommarktdesigns ist zentrale Herausforderung der Energiebranche

Gastbeitrag von Sven Becker, veröffentlicht in THEMEN magazin am 18.04.2023

Artikel im THEMEN magazin-Blog lesen

Die EU-Kommission hat mit dem Green-Deal bereits 2019 politische Leitplanken gesetzt und das Ziel ausgegeben, bis 2050 Klimaneutralität in Europa zu erreichen. Die Bundesregierung hat dieses Ziel noch verschärft und strebt für Deutschland Klimaneutralität bis 2045 an. EU und auch die deutsche Regierung haben richtig erkannt, dass zur Erreichung dieses Ziels ein neues Strommarktdesign nötig ist, um diesen Transformationsprozess zu ermöglichen.

Die Notwendigkeit, die Transformation des Energiesystems zu beschleunigen und die Abhängigkeit von fossilen Energieimporten schnellstmöglich zu beenden, wird durch den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine verstärkt. Die Diversifizierung der Energie- und Lieferquellen ebenso wie die Gestaltung eines langfristigen Marktdesigns, das einer Vielzahl von Marktteilnehmern ermöglicht, in hocheffiziente und CO2-arme Technologien zu investieren, Flexibilitätsoptionen zu nutzen und die Potenziale der Sektorenkopplung zu heben, wird somit zu einer zentralen Herausforderung für die gesamte Energiebranche.

Bekenntnis zur Merit-Order ist richtig

Das Festhalten der EU-Kommission am Merit-Order-System in ihren im März 2023 vorgestellten Reform-Plänen und damit an den Grundmechanismen des Marktes ist eine wichtige Voraussetzung. Denn das gegenwärtige Marktmodell hat die Integration des europäischen Strommarktes vorangebracht und sollte auch weiterhin als ein wesentliches Element für die effektive und effiziente Preissetzung und damit für die Einsatzplanung von Erzeugungskapazitäten sein.

Ein Markt für Versorgungssicherheit

Mit dem Ausbau der erneuerbaren Energien und dem Ausstieg aus konventionellen Grundlastkraftwerken (Nuklear, Kohle) wird der Politik zunehmend bewusst, dass durch eine volatile und stochastische Einspeisung die Versorgungssicherheit zunehmend gefährdet ist. Was in den Kapazitätsmärkten 2013 ff. nicht gelang, sollte diesmal funktionieren: Arbeit und Leistung sind zwei unterschiedliche Produkte und erfordern unterschiedliche Märkte. Arbeit, also KWh, wird im Energy-Only-Markt bepreist. Angebot an und Nachfrage nach Leistung wird in einem Kapazitätsmarkt zusammengeführt. Dieser ist so zu gestalten, dass bestehende wie neue Kraftwerke teilnehmen können, gleichzeitig Investitionen in neue klimafreundliche Kraftwerke und Systemstabilisatoren wie Speicher ermöglicht werden. Und letztlich auch Verbraucher teilnehmen können, um „Demand Side Management“ als weitere wichtige Säule der Versorgungssicherheit zu etablieren.

Die Vorhaltung von gesicherter Leistung muss als eigenes Gut anerkannt werden und Versorgungssicherheit und Systemstabilität einen Preis bekommen. Grundsätzlich ist neben elektrischer Arbeit auch gesicherte Leistung zu vergüten, um Fehlallokationen zu vermeiden und eine ausreichende Bereitstellung von Leistung durch die Marktteilnehmer zu sichern.

Ausbau der Erneuerbaren im Einklang mit der Stärkung der Versorgungssicherheit

Im Zentrum der Neujustierung des Strommarktdesigns sollten die Sicherstellung der Versorgung durch gesicherte Kapazitäten, der Ausbau der Erneuerbaren sowie die Bereitstellung von Flexibilitätsoptionen zur Gewährleistung einer klimaneutralen Systemstabilität stehen. Ein neues Strommarktdesign sollte sich an folgenden Leitlinien ausrichten:

  • Energiemärkte effizient und liquide ausgestalten, um eine kostengünstige Versorgung zu gewährleisten. Dazu ist die Beibehaltung der einheitlichen Preiszone entscheidend. Unterschiedliche Preiszonen verringern die Liquidität, behindern den Wettbewerb und beeinträchtigen die Markteffizienz.
  • Zügiger Ausbau der Stromnetze und eine schnelle Umsetzung von Redispatch 2.0, um eine Aufspaltung Deutschlands in mehrere Preiszonen zu vermeiden und Engpässe an den Grenzkuppelstellen zum Ausland zu minimieren.
  • Erst wenn Märkte energiewirtschaftliche Ziele nicht, nicht schnell genug oder nicht ausreichend erreichen, ist das Marktdesign zu überprüfen und durch entsprechende ordnungspolitische Eingriffe wie Steuern, Fördermaßnahmen etc. anzupassen.
  • Ausbau der erneuerbaren Energien ist essenziell für das Erreichen der Klimaschutzziele und der Reduzierung von Energieimporten. Hierfür ist ein Rahmen zu definieren, um den Zubau von Kapazitäten deutlich zu beschleunigen.
  • Ein hohes Maß an Versorgungssicherheit ist trotz zunehmend fluktuierender Leistung durch erneuerbare Energien und gleichzeitigem Wegfall gesicherter Leistung durch den Atom- und Kohleausstieg beizubehalten.

Bei der Kapazitätsvorhaltung ist zu berücksichtigen, dass sich durch Zubau der Erneuerbaren die Einsatzzeiten von Kraftwerken sukzessive verringern werden. Darum ist es volkswirtschaftlich sinnvoller, vorhandene hocheffiziente Kraftwerke länger zu nutzen statt diese vorhandenen Kapazitäten komplett durch neue Kraftwerke zu ersetzen, von denen wir heute schon wissen, dass sie nur wenige Stunden im Jahr betrieben werden. Auch mit Blick auf eine Gesamt-CO2-Betrachtung sind Bestandskraftwerke, die perspektivisch noch 100 Stunden im Jahr laufen, ökologisch effizienter als ein Abriss und kompletter Neubau einer effizienteren Anlage für den Einsatz von 100 Stunden.

Durch den starken Ausbau fluktuierender Erzeugungstechnologien ist der Aufbau von Flexibilitäten (insbesondere Kurzzeitspeicher) zur Integration der Erzeugungsspitzen erforderlich. Die Technologien sind bereits vorhanden, es bedarf aber auch eines stabilen regulatorischen Rahmens, der Investitionen in Speicher vor späteren regulatorischen Änderungen schützt. Zur Einführung neuerer, perspektivisch günstigerer Technologien kann eine Anschubförderung erforderlich sein, um die anfänglichen Mehrkosten zu kompensieren. Eine Förderung sollte jedoch nur ein Mittel für den Markteintritt sein, solange der Einsatz nicht wettbewerbsfähig ist. Langzeitspeicher bieten Versorgungssicherheit, daher ist deren Finanzierung in einem technologieoffenen Kapazitätsmarkt zu regeln.

Weitere Integration der Erneuerbaren in den Markt

Die Neujustierung des Strommarktes wird auch für die Finanzierung der erneuerbaren Energien ein wichtiger Schlüssel für den Erfolg sein. Derzeit hinkt der Ausbau der Erneuerbaren hinter den Ausbauzielen hinterher. Eine Anpassung des Strommarktdesigns ist daher notwendig, um den EE-Ausbau zu beschleunigen und die Finanzierung der erneuerbaren Energien langfristig abzusichern. Zahlreiche Instrumente sind derzeit in der Diskussion, u.a. CO2-Bepreisung, Contracts for Differences (CfDs), Power Purchase Agreements (PPAs), Investitionskostenzuschüsse, Kapazitätsprämien sowie Mengenmodelle und Quoten. Alle diese Instrumente, bis auf die Investitionskostenzuschüsse bzw. Kapazitätsprämien, basieren auf einer Vergütung der produzierten Strommenge im Sinne eines Arbeitspreises.

Als ein wesentlicher Nachteil von Investitionskostenzuschüssen bzw. Kapazitätsprämien ist aber die komplette Entkopplung vom Strommarkt zu sehen. In einem solchen System könnten Investoren den Anreiz erhalten, ihre Kapazität und nicht die Stromerzeugung zu maximieren. Eine Lösung könnte die Schaffung eines hybriden Modells sein, das eine anteilige Finanzierung sowohl über Investitionskostenzuschüsse als auch über eine strommarktabhängige Vergütung sicherstellt.

Kriterien der Finanzierung

Eine funktionierende Finanzierung von erneuerbaren Energien sollte drei wesentlichen Kriterien genügen. Neben der Planungssicherheit durch stabile Einnahmen braucht es einen Ausgleich für den sogenannten First Mover-Nachteil. Durch Ausschreibung von Kapazität (wie beim EEG) kann der Wettbewerb vor die Betriebsphase gezogen werden.

Ein neues Strommarktdesign muss auch Lösungen finden, ein zunehmendes Problem in einer vornehmlich Erneuerbaren-Energiewelt zu lösen. In Zukunft werden wir immer öfter Situationen haben, in denen die verfügbare EE-Einspeisung den Strombedarf übersteigt und so die Preise negativ werden. Hier braucht es Instrumente zur heterogenen (regionalen und zeitlichen) Verteilung des EE-Ausbaus, eine Zunahme an Flexibilitäts- und Speichermöglichkeiten in allen Sektoren sowie eine auf Marktsignale basierende Betriebsführung von EE-Anlagen.

Letztendlich werden die aktuellen politischen Bestrebungen auf europäischer und nationaler Ebene nur dann zum Erfolg führen, wenn europäische und nationale Konzepte ineinandergreifen, d. h. inhaltlich und zeitlich konsistent sind. Mit Blick auf die im nächsten Jahr anstehenden Europawahlen ist die gesamte Energiebranche und besonders auch kommunale Unternehmen vor Ort in der Verantwortung, an der Neuausrichtung des Strommarktdesigns mitzuwirken.

Sven Becker, Sprecher der Geschäftsführung der Trianel GmbH

Autor: Sven Becker

Sven Becker ist Sprecher der Geschäftsführung der Trianel GmbH seit 2005. Seitdem ist Trianel zum größten kommunalen Projektentwickler und Handelsunternehmen avanciert. Neben unterschiedlichen Organfunktionen in den Tochter- und Beteiligungsgesellschaften der Trianel-Gruppe ist er in verschiedenen energiewirtschaftlichen und energiepolitischen Funktionen tätig, so u.a. als Vorsitzender der Landesorganisation des BDEW NRW, als Mitglied des Beirats des Energiewirtschaftlichen Instituts an der Universität zu Köln sowie als Gastdozent in den Bereichen „Energiehandel & Risikomanagement“ sowie „Energiepolitik“. Vor seiner Tätigkeit bei Trianel sammelte er über 12 Jahre umfangreiche Erfahrung bei internationalen Energiekonzernen wie Ruhrgas, BP, Enron und Statkraft. Herr Becker studierte Volkswirtschaft in Kiel und Dublin und hält einen MBA von der University of Chicago.

 

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